Die Finanzkrise erläutert für jedermann:
Mandy besitzt eine Bar in Marzahn. Um den Umsatz zu steigern beschließt
sie, die Getränke der Stammgäste - hauptsächlich alkoholkranke
Hartz-IV-Empfänger -- auf den Deckel zu nehmen, ihnen also Kredit zu
gewähren. Schließlich hat Mandy ja auch schon mal in einer Bank geputzt,
weiß also wie das Kreditgeschäft läuft. Das spricht sich in ganz Berlin
schnell herum und immer mehr Kundschaft desselben Segments drängt sich
in Mandy`s Bar. Da die Kunden sich keine Sorgen um die Bezahlung
machen müssen, erhöht Mandy sukzessive ihre Preise und erhöht auch damit
massiv ihren Umsatz.
Der junge und dynamische Kundenberater ihrer Bank aus dem Lower- oder
Middle-Management bemerkt Mandy`s Erfolg und bietet ihr zur
Liquiditätssicherung eine unbegrenzte Kreditlinie an.
Um dessen Rückzahlung sorgt er sich nicht, er hat ja die Deckel der
Trinker als Sicherheit.
Zur Refinanzierung transformieren topausgebildete Investmentbanker die
Bierdeckel (auch Klebepappen genannt) in verbriefte
Schuldverschreibungen mit den Bezeichnungen SUFFBONDR, ALKBONDR und
KOTZBONDR. Diese Papiere laufen unter der modernen Bezeichnung SPA
Super-Prima-Anleihen und werden bei einer usbekischen
Online-Versicherung per E-Mail abgesichert. Daraufhin werden sie von
mehreren Rating-Agenturen mit ausgezeichneten Bewertungen versehen
(gegen lebenslanges Freibier in Mandy`s Bar).
Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen bedeuten oder was diese
Papiere genau beinhalten, aber dank steigender Kurse und hoher Renditen
werden diese Konstrukte ein Renner für institutionelle Inverstoren.
Vorstände und Investmentspezialisten der Banken erhalten Boni im
dreistelligen Millionenbereich.
Regierung, Versicherungen und wer sonst noch daran verdienen kann,
empfehlen diese Papiere für die private Altersvorsorge.
Eines Tages, obwohl die Kurse immer noch steigen, stellt ein
Risk-Manager (der inzwischen wegen seiner negativen Grundeinstellung
entlassen wurde, völlig verarmte, von Hartz-IV lebt und bei Mandy Gast
ist) fest, dass es an der Zeit sei, die ältesten Deckel von Mandy`s
Kunden langsam mal fällig zu stellen.
Überraschenderweise können weder die ersten noch die nächsten
Hartz-IV-Empfänger ihre Schulden, die oft ein Vielfaches ihres
Jahres-Hartz-IV betragen, bezahlen. Es kommen keine Tilgungen ein, so
lange man auch nachforscht. Mandy macht Konkurs, die Alkis verlieren
ihre Heimat. SUFFBONDR und ALKBONDR verlieren 95 %, KOTZBONDR hält sich
besser und stabilisiert bei einem Wert von 20 %.
Die Lieferanten hatten Mandy extrem lange Zahlungsfristen gewährt und
zudem selbst in die SPA-Anleihen investiert. Der Wein- als auch der
Schnapslieferant gehen in Konkurs, die Brauerei wird dank massiver
staatlicher Zuschüsse von einer ausländischen Investorengruppe
übernommen und schon bald nach Rumänien verlegt.
Die Banken werden durch Steuergelder gerettet. Die Bankmanager halbieren
Ihre Millionen-Boni und haben wieder einmal ihren Sachverstand, gepaart
mit einer hohen sozialen Verantwortung, bewiesen.